Als Heilende Architektur (engl. healing architecture) wird ein Planungsansatz beim Bau von Gesundheitsgebäuden zur Förderung der körperlichen und seelischen Gesundheit von Patienten, Personal und Angehörigen bezeichnet.
Woher stammt das Konzept?
Das Konzept der heilenden Architektur stammt von dem schwedischen Architekturprofessur Roger Ulrich, welcher 1984 eine Studie veröffentlichte, die zwei Patientengruppen nach identischer Operation verglich. Die eine Gruppe konnte auf einen Park mit Bäumen sehen, die andere Gruppe nur auf die Betonmauer des Nachbargebäudes. Letztendlich brauchten die Patienten, welche die Aussicht auf den Park hatten, deutlich weniger Schmerzmittel, litten weniger unter depressiven Verstimmungen und konnten im Durchschnitt einen Tag früher entlassen werden.
Heilende Architektur auch in Deutschland
Die deutsche Architektin Christine Nickl-Weller beschäftigt sich schon seit Jahrzehnten mit diesem Thema und erläutert, dass die drei am stärksten stressverursachenden Dinge in Krankenhäusern fehlendes Tageslicht, schlechte Akustik und fehlende Orientierung sind. Gesundheitseinrichtungen brauchen daher eine planerisch sinnvolle, aber patienten- und besucherfreundlichere Wegbeschreibung. Ebenso wichtig: Eine sinnvolle Raumstruktur mindert Stress, der Blick ins Grüne trägt zur Genesung bei und Holz in den Patientenzimmern schafft Vertrauen und kann beruhigen. Generell soll die heilende Architektur auch dafür sorgen, dass Patientenzimmer in Gesundheitseinrichtungen weniger anonym und trist aussehen und mehr Wert auf Farbgebung, Dekoration und Texturen der Möbel gelegt werden soll. Bei dem Weg ins Krankenhaus sind viele Patienten nervös oder gar ängstlich, weswegen eine möglichst natürliche Umgebung und Atmosphäre welche Vertrauen schafft umso wichtiger ist.
Nickl-Weller und ihr Mann, der ebenfalls Architekt ist, gründeten eine Stiftung, die sich der weiteren Forschung auf dem Gebiet der Krankenhausarchitektur widmet. Also: Welche Details tun den Menschen gut? Denn gute Krankenhausarchitektur kann nachhaltig zur Verbesserung des Gesundheitssystems beitragen, denn je wohler und sicherer sich ein Patient in einem Krankenhaus fühlt, desto schneller erholt er sich – und desto geringer sind die Kosten. Doch nur konkrete Forschungsergebnisse können Krankenhausbetreiber davon überzeugen, in Gebäude zu investieren.
Aktuell geht in Deutschland der Charité Campus Benjamin Franklin mit gutem Beispiel voran. Für die Entwicklung des CBF legte das Schweizer Planungsteam Gmür und Schifferli das überzeugendste Konzept, welches den Ansatz der heilenden Architektur verfolgt vor. Für den CBF ist die Etablierung des wissenschaftlichen Schwerpunktes „Gesunderhaltung und Prävention“ vorgesehen, womit der ausgewählte Entwurf die Einzigartigkeit des zukünftigen „Healing Campus“ unterstreicht.
Heilende Architektur ermöglicht mehr Nachhaltigkeit
Geplant ist bisher ein 16-stöckiger Neubau am Hindenburgdamm, welcher einen modernen städtebaulichen Akzent setzt. Ganz nach den Leitlinien der heilenden Architektur sind tageslichtdurchflutete Räume und eine hohe Flexibilität der einzelnen Gebäudestrukturen vorgesehen. Eine kompakte Anordnung der Baufelder im Norden, ermöglicht es eine großzügige Parklandschaft im Süden entstehen zu lassen.
Mit der Erweiterung der Campusstruktur wird eine bauliche Grundlage für die Medizin der Zukunft und ihren komplexen Anforderungen geschaffen. Ein weiterer Vorteil: Der Anspruch des „Healing Campus“ geht mit der Planung der Charité einher, bis 2050 klimaneutral zu sein. Somit kann die heilende Architektur, Heilungskonzepte für Mensch und Umwelt in Einklang bringen und für mehr Nachhaltigkeit bei Bauprojekten sorgen.